Vom Autofahren und Babysitten

Mir gefällt hier alles äußerst gut und ich fühle mich wohl. Auch wenn ich immer wieder erstaunt bin wie der gesamte Lebensstandard hier dermaßen viel niedriger ist als in Österreich…Ich denke wir Österreicher wissen zwar wie gut es uns in unserem Land geht, sind aber so daran gewöhnt, dass wir trotzdem ständig was zum aussetzen und sudern (österreichisch für meckern) haben.

Wir alle kennen das bescheidene Sozialsystem in den USA und das Haustüren eher an einen angestrichenen und mit Türklinke versehenen Pappkarton als einen Eindringschutz erinnern. Autostraßen wurden einmal geteert und seitdem ihrem Schicksal überlassen. Und öffentliche Verkehrsmittel? Hüstel, ohne Auto ist man hier so gut wie aufgeschmissen. Dafür gibt es kaum Radwege zu finden.

Stattdessen gewaltig gigantisch riesengroße Parkplätze vor noch enormigeren (will sagen: noch viel mehr enorm als nur enorm!) Supermärkten – und trotzdem muss man hier einen Parkplatz SUCHEN. Und in diesem überdimensional voluminösen Supermarkt ist man gefangen. Da is nix mit mal schnell schnell einkaufen da man mit vor staunen weit geöffnetem Mund anstelle der Augen durch den Laden rennt und vor lauter Wald die Bäume nicht sieht.

ein riesiges Regal voll mit Brot
Brot bzw Teiglappen

Möchte man „Brot“ kaufen benötigt es schon eine gewisse Zeit bis man den circa vierhundertfünfzig Meter langen Gang durchwandert und den Teiglappen seiner Wahl entdeckt hat.

 

Milchpackungen
Milch – kauft man in Gallonen, nicht in Litern!

Mit dem Kauf einer Milch verhält es sich ähnlich. Auch Chips und Süssigkeiten gibt es in Hülle und Fülle ganz zu schweigen von der wahnsinnigen Auswahl an Fertigprodukten! Gängeweise findet man Fertignudeln, Fertigsaucen, Dips, Salatdressings, Pizza, Reisgerichte, Burritos, Sandwiches und und und, möchte man allerdings die Zutaten für all diese Gerichte kaufen um sie selbst zu kochen ist das Angebot mehr als Bescheiden und teilweise überhaupt nur in Spezialmärkten (das bedeutet dreifacher Preis) erhältlich!

 

Das heißt: für den faulen Essenzubereiter ein Paradies, für den passionierten Koch ein Schicksalsschlag…

Sandwich mit Chips
Heute gibts zum Abendessen den Schicksalsschlag: Sandwich mit Chips

Milch kauft man in Gallonen, das sind knapp vier Liter! Ein Supermarkt wirbt mit: kaufst du drei, bekommst du die vierte gratis…Vier Gallonen Milch! Das sind knapp sechzehn Liter…!

Selbst bei IKEA ists nicht wie daheim: gibt es doch im ganzen Markt keine einzige Zuckerdose zu finden?! Aber sie werden sie ins Sortiment aufnehmen, haben doch auch schon vor uns ein paar (wohl Europäer) danach gefragt…Oder Lattenrost: möchte man einen, kauft man den einen. Einen anderen gibts nicht. Und der Eine ist nicht fancy sondern besteht einfach nur aus Holzlatten, die mit einem simplen Band aneinaner getackert sind…

Die Matratzenauswahl ist größer: allerdings sind die fast alle einen halben Meter dick und kosten tausend Dollar. Wir beschränken uns mit einer dünnen europäischen und bekommen sie als Dankeschön um zweihundertfünfzig…

Das Autofahren in Kalifornien: I like 🙂

Aber ich wollte euch auch ja eigentlich von den hiesigen Straßenverkehrsregeln erzählen. Beginnen wir am drei- bis fünfspurigen (sechs- bis achtspurig zählt man die Abbiegespuren hinzu) Highway: Grundsätzlich kann man sagen, dass die Autofahrer hier, trotz des gewaltigen Verkehrs, viel weniger aggressiv fahren als in Österreich, pardon, Wien. Der Abstand zum Vordermann wird eingehalten, es wird nicht gedrängelt oder gar eine Lichthupe eingesetzt! Die erlaubte Maximalgeschwindigkeit beträgt 65 Meilen, das sind circa 105 km/h und die werden meist auch eingehalten. Dafür darf auch von rechts überholt werden.

Etwas aufregender gestaltet sich die Fahrt für Motorradfahrer und damit auch unweigerlich für den Autofahrer auf der car pool lane. Auf der car pool lane sind nur Autos mit mindestens zwei Personen im Fahrzeug zugelassen und eben Motorräder. Bei zähflüssigem Verkehr, manche nennen ihn auch Stau, dürfen sich die Motorräder nun zwischen den auf der car pool lane befindlichen Autos und denen auf der Nebenspur durchschlängeln – das wird dann recht eng. Vor allem wenn man gerade nichts ahnend im stop and go auf seinem eigenem Fahrstreifen mal ein wenig weiter rechts fährt und dadurch dem gerade vorbeirasenden Zweiradler beinahe einen klitzekleinen Schups gibt…da wird der Herzschlag dann schon mal schneller…

Wo die hiesigen Fahrer aber dann fies werden ist wenn man versucht die Spur zu wechseln. Im fließenden Verkehr ist das ganze gar kein Problem da ja, wie gesagt, der Abstand zum Vordermann eingehalten wird und die Lücke somit groß genug ist um jederzeit umzuspuren. ABER im stop and go oder bei roten Ampeln hat man nur mit penetrantem Durchhaltevermögen, physisch wie psychisch, die Chance auf die Spur seiner Wahl zu gelangen.

Folgendes Szenario: Man fährt auf eine, bereits auf rot umgesprungene, Ampel zu, bemerkt, dass man sich plötzlich auf der Rechtsabbiegespur befindet und möchte sich nach links einordnen. Pech gehabt. Niemand lässt einen rein und versucht man sich seinen Platz mit Gewalt zu erkämpfen wird man angehupt und riskiert einen Auffahrunfall!

Kiki steht auf einem ParkplatzUnd genauso verhält es sich auch beim Ausparken auf Parkplätzen. Ich schaue wild um mich und entdecke weit und breit kein fahrendes Auto. So fahre ich vorsichtig rückwärts raus, bemüht die weder nach links und rechts schauenden Fußgänger nicht umzunieten. Dann ein wildes Gehupe und nur knapp fahre ich nicht in das an mir vorbeischießende Vollkofferauto rein. „Du Vollkoffer-Affe!“ fluche ich. Nach dem siebenundneuzigsten Vollkoffer-Affen habe ich dazu gelernt. Ausparken ist einfach lebensgefährlich denn es ist unmöglich vorne, hinten, links UND rechts gleichzeitig seine Augen zu haben. Ok, lebensgefährlich ist relativ, alle befinden sich in Schrittgeschwindigkeit…wobei: fürs Auto kann es sehr wohl lebensgefährlich werden, blöd getroffen könnte es den Karosserietod sterben!

Kommen wir nun an eine X-Kreuzung. Wir haben eine Stopptafel und bleiben brav stehen. Wir sehen ein Auto von rechts kommen und warten. Aber auch dieses bleibt stehen. Ebenso verhält es sich mit den Fahrzeugen von links und von vorne. Warum zum Geier fährt denn niemand?!? Ahaaaa, die Erleuchtung: keiner fährt denn ALLE haben eine Stopptafel…und nun? Niemand fährt. Alle Augen starren auf uns. Na gut, dann fahren wir mal ganz langsam in die Kreuzung ein. Wunderbar, es klappt, niemand rammt uns. Was ist hier die Regel? Derjenige der die Kreuzung als erster erreicht darf, logischerweise, auch als erster weiterfahren. Ist doch ganz logisch – ja eh…

Aber kommen wir ins hier und jetzt zurück, es ist Samstag und wir werfen uns wiedermal on the road und grasen Geschäfte sowie Fahrradverkäufer ab, finden einiges, zum Beispiel ein hunderter Pack Teelichter beim IKEA *grins*, nur leider kein Fahrrad und schaffen es pünktlich um 18:30 Uhr bei Cat und Tom zu sein: Wir spielen heute Babysitter damit die Eltern mal wieder einen schönen Abend als Paar verbringen können. Es ist nicht viel zu tun denn Phoebe ist ein Traummädchen und schläft einfach.

Baby Phoebe im Kinderbett
Phoebe (O-Ton: „du bist nicht meine Mami“)

So bleibt Zeit sich im Internet nach einem neuen Staubsauger umzusehen sowie Handy – denn unser europäisches funktioniert zwar, aber halt eher langsam. Warum? Ich bin ein Mädchen. Keine Ahnung! Irgendwer unterstützt irgendwas oder irgendwen nicht oder/und blablablablabla. Hab nur verstanden: Geht nicht, brauch Neues. Brauch aber sowieso Neues da ich ja jetzt zwei Sim-Karten besitze.

Um zehn falle ich gerädert ins Bett. Mein Körper schläft zwar mittlerweile jede Nacht brav bis sechs Uhr, nur kommen wir vor Mitternacht nie ins Bett. Aber heute schon. Und ich schlafe binnen von Sekunden ein…

Eure Kiki

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