Die Reise

 

Samstagmorgen, 15:13 Uhr. Ich wache auf und brauche die Augen nicht zu öffnen um zu wissen wo ich bin. Nur um die Uhrzeit zu lesen: 15:13 Uhr sagt die Armbanduhr das heißt es ist 06:13 Uhr.

Auch Matthias blinzelt mich an.

„Guten morgen meine Hübsche“ sagt er, „konntest du schlafen oder hattest du Jetlag?“

Ich strahle ihn durch meine verquollene Augen an: „Naja, ein bißchen Jetlag – seit 4 Uhr wache ich immer wieder auf. Aber ich war erschöpft genug immer wieder einzuschlafen!“

Er habe auch Jetlag, sagt er, denn es wäre ja erst 6:13 Uhr – eine Uhrzeit von der er bisher nicht ahnte, dass sie überhaupt existierte…

Obwohl wir damit nur fünfeinhalb Stunden geschlafen haben fühle ich mich ausgeschlafen -mein Körper sagt mir ja auch es wäre 15:13 Uhr…

Die Reise gestern verlief vollkommen problemlos.

Nachdem wir unsere drei Koffer (einmal 23,5 kg, einmal 23,4 kg, einmal 23,7 kg) problemlos abgeben durften und auch unser Handgepäck (einmal 8,5 kg und einmal 8,6 kg) das OK für die Weiterreise erhielt werde ich am Flughafen Wien nur kurz nach Sprengstoff untersucht da mein Omnibiotik (ein weißes Pulver zum Aufbau der Darmflora) dem Beamten beim Durchleuchten flüssig schien. Ich bin erstaunt nach Sprengstoff und nicht nach Drogen untersucht zu werden, da ich dieses weiße Pulver aus der Originalpackung, die aus Glas viel zu schwer für den Flug gewesen wäre, in ein Plastiksackerl gegeben hatte und es für mich Laien nun eher nach einer illegalen Substanz für die Nase aussieht als nach flüssigem Sprengstoff…

Nach einem Kamillentee – mein Darm ist noch aufgeregter als ich! – etwas plaudern und online gehen meines Blogs wird auch schon zum Boarding gerufen. Etwas holprig geht es hinauf Richtung Himmel. So holprig, dass ich schon etwas Angst habe es geht direkt IN den Himmel.

„Ob die Piloten noch entspannt sind? Oder schwitzen und fürchten die sich auch gerade?“ frage ich Matthias und kralle mich in seinen Arm.

Er lacht. „Also wenn sie bereits beim verlassen der Startbahn zu schwitzen beginnen wäre bestimmt keine Starerlaubnis erteilt worden.“

Das leuchtet mir ein und kurz VOR dem Himmel wird es dann auch wieder ruhiger in unserem Luftschiff.

Zwischenstop Frankfurt

In Frankfurt, meiner Geburtststadt, haben wir unseren Zwischenstopp. Hier sind bereits amerikanische Mitarbeiter die uns die berühmten Fragen stellen wie:

„Haben Sie Ihr Gepäck selbst gepackt? Haben Sie Waffen eingepackt? Kann es sein, dass jemand anderes Waffen eingepackt haben könnte? War Ihr Gepäck jemals unbeaufsichtigt und es könnten jetzt doch Waffen drin sein?“ und so weiter.

Dann werden unsere Visa kontrolliert.

Matthias hat von der Universität Stanford ein sogenanntes J1-Visum ausgestellt bekommen. Damit darf er genau diese, im J1-Visum genannte Arbeit für die Dauer seines Arbeitsvertrages ausüben und in den USA leben.

Bei mir war die Sachlage etwas komplizierter. Verheiratet hätte ich ein J2-Visum erhalten und mit diesem sowohl eine Aufenthalts- als auch eine prinzipielle Arbeitserlaubnis. Der Status lautet allerdings unverheiratet. So blieben als Alternativen:

a) ganz normal als Tourist für maximal 90 Tage einreisen und dann wieder ausreisen.

b) um ein B2-Visum ansuchen: dieses berechtigt einen zu einem Aufenthalt bis zu maximal 6 Monaten, allerdings ohne Arbeitserlaubnis

c) schnell einen Job finden, der mir ein Visum beschafft

c) erschien uns als zu unrealistisch… a) als zu kurz. So entschieden wir uns für b).

Info:

Für ein B2-Visum muss man:

1. ein seitenlanges Formular (DS-160) ausfüllen

2. die Antragsgebühr von € 144,- bezahlen

3. ein US-Visa-Passfoto machen lassen (beim Bildermacher kosten zwei Stück € 15,-. Günstiger ist es nur noch direkt in der amerikanischen Botschaft Wien – hier gibt es einen Automaten und man kann bei seinem Termin das Foto für nur € 7,- knipsen. Allerdings hatte ich Sorge wenn dieser genau bei meinem Termin defekt wäre und ich kein Passfoto hätte ich erneut die € 144,- für einen neuen Termin bezahlen müsste)

4. einen Termin bei der Amerikanischen Botschaft beantragen

Man braucht einen guten Grund warum man so lange einreisen möchte (zum Beispiel weil der Lebensgefährte einen befristeten Job hat). Es kann aber denoch sein, dass einem die Einreise nicht für sechs Monate gewährt wird sondern kürzer oder gar völlig verwehrt wird. Aber dies entscheidet der jeweilige Grenzbeamte bei der Einreise nach gut dünken…

 

Nun, in Frankfurt werde ich bereits befragt warum ich solange einreisen möchte und bekomme die Antwort, die ich am wenigsten hören möchte: „Na ob Sie für sechs Monate einreisen dürfen kann ich Ihnen nicht versprechen…mal schauen an welchen Grenzbeamten Sie geraten“. Es regt mich nicht weiter auf, denn meine Aufregung läuft bereits auf Hochtouren. Lieber nochmal einen Kamillentee…

Außerdem bin ich müde – die letzten Tage und Wochen waren ziemlich anstrengend. Ich freue mich beinahe auf den elf Stunden Flug – hier werde ich fernsehen, schlafen und entspannen…

Endlich Boarding

Das Boarding unserer Boeing B747-400 von United Airlines beginnt. Wir knallen uns in unsere Sitze. Ich breite die Decke über meine Beine, lege das Kissen hinter mein Kreuz und schaue auf das hochgeklappte Tischchen vor mir. Nun, ich bin bereit, zum fernsehen, schlafen und entspannen. Für die beiden letztgenannten Punkte werde ich in den nächsten elf Stunden genügend Zeit haben denn für den erstgenannten fehlt ein wesentliches Detail: ein Multi-Media-System. Ich schaue bestürzt, entsetzt, fassungslos, entgeistert, ängstlich und erschrocken um mich. Kein Multi-Media-System! Nicht für mich und auch nicht für alle anderen Passagiere. Ausgenommen natürlich die betuchteren Mitflieger in der Businessclass. Denoch klappe ich probehalber mein Tischchen herunter ob vielleicht dahinter ein klitzekleiner Bildschirm zu finden sei…

Am Gang hängen ein paar 20 Zoll große, räusper, kleine Bildschirme wo tatsächlich auch Filme gezeigt werden! Kinderfilme zwar, aber immerhin. Freilich konnte man nur etwas sehen wenn niemand den Gang entlang schlurfte, aber, Ironie an, bei so einem langen Flug bleibt ja eh jeder auf seinem Sitzplatz sitzen, Ironie aus.

Nach vier Stunden Flug bin ich zum Ausstieg bereit…nach weiteren sieben geht dann auch die Flugzeugtüre auf. Es ist nun 19:40 Uhr Ortszeit, 4:40 Uhr daheim und in meinem Körper.

Wir betreten amerikanischen Boden

Nun geht es zuerst zur Pass- und Visakontrolle. Wir betrachten, während wir in der Warteschlange stehen die verschiedenen Grenzbeamten und stellen fest, die Anforderung an diesen Beruf: grimmiger Blick.

Wir atmen tief ein und aus als wir dran kommen. Eine junge blonde Frau lächelt uns freundlich entgegen. Was unser Einreisebegehr sei, möchte sie gerne von uns wissen. Matthias erzählt das seinige und ich ergänze: „I’m his girlfriend and just follow him“. Das scheint ihr zu gefallen denn ich bekomme meinen Stempel: sechs Monate. Und die nette Auskunft, dass ich sogar versuchen könne bei der Einwanderungsbehörde um weitere sechs Monate anzusuchen ohne aussreisen zu müssen. Genial!

Wir gehen weiter zum Kofferförderband. Friedlich nähern sich unsere drei Koffer, Seite an Seite (!) auf dem Rollband. Wir schnappen uns zwei Gepäckwagen und laden unser Hab und Gut auf. Wir steuern schon Richtung Ausgang zu als wir von einem Mitarbeiter in Uniform aufgefordert werden ihm zu folgen. Bitte nicht die Koffer öffnen, denke ich. Nicht, dass wir etwas illegales einführen, aber sie sind knackevoll und mühsam wieder zu schließen. Aber heutzutage reicht wohl ein Scan. Denn nach dem Scan dürfen wir nun endlich rein in die USA.

Kiki steht mit zwei Gepäckswägen voller Koffer vor einen Schild wo drauf steht: Willkommen in San Francisco
Welcome to San Francisco

 

 

Matthias und Kiki stehen mit dem Gepäckwagen im Airtrain
Matthias und Kiki im Airtrain

Mit dem Airtrain fahren wir zum Mietwagen-Terminal. Wir haben für zehn Tage ein kleines, günstiges Auto gemietet. Am Schalter will man uns weismachen, das dieses Auto keinen Kofferraum hätte und wir auf ein größeres und bessers Auto upgraden könnten. Wir schauen auf unsere zwei Gepäckwagen, beladen mit 87,7 Kilogramm Gepäck. Aber gibt es tatsächlich einen Viersitzer ohne Kofferraum? Wir gehen das Risiko ein und nehmen den von uns bestellten kleinen Wagen. Gut, der Kofferraum ist klein, aber mit der Rückbank groß genug alle unsere Sachen zu beherbergen.

 

 

 

Juhu Autofahren 🙂

Begeistert biege ich auf den Highway, begleitet vom besten Navigator der Welt: Matthias. Und 45 Minuten später parken wir in San Jose bei unserer Bleibe. Cat und Tom sind die Inhaber dieses großen und schmucken Hauses und britische Freunde meiner in England lebenden Freundin Gudrun (an dieser Stelle ein großes Danke auch nochmal an dich, dass du uns bekannt gemacht hast!). Sie erwarten uns mit einem Lächeln, drei Hunden, einem Baby und einen köstlichen Abendessen und um Mitternacht lassen wir uns in unser riesiges Bett im Gästezimmer fallen. Gähn und gute Nacht…

Kiki liegt in einem großen Bett im Gästezimmer von Tom und Cat

Eure Kiki

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