Fünf ist das neue drei. Na wer sagts denn – der Trend zeigt Besserung und bald lebe ich in der hiesigen Zeitzone :-). Matthias, der glückliche ist schon seit Tagen im neuen Rhythmus… In New York damals war es auch so ein Albtraum für mich: zehn Tage waren wir dort und neun brauchte ich um mich an die neue Zeit zu gewöhnen. Einen Tag war ich dann schön ausgeschlafen bevor es nach Hause ging und ich nun mit dem Jetlag in die andere Richtung zu kämpfen hatte…
Was bin ich froh, heute nicht heimfliegen zu müssen – dann wären all die nächtlichen Qualen umsonst gewesen…
Aber heute ist heute, zwar erst fünf Uhr, aber man soll ja im hier und jetzt sein. Das bin ich. Ich bin hier und jetzt wach. Aber brav halte ich meine Äuglein geschlossen und schaffe das schier Unmögliche: ich schlafe wieder ein und erwache erst um halb sieben erneut. Supi, da darf ich endlich aufstehen.
Sunnyvale oder nicht Sunnyvale, dass ist hier die Frage
Heute wird es spannend – wir müssen uns entscheiden: Sunnyvale für $ 2.000,- oder doch noch auf etwas Besseres hoffen?
Während wir frühstücken geben wir die Hoffnung auf etwas Besseres doch noch nicht auf uns lesen uns weiter durch Craigslist. Matthias forscht sogar schon auf der anderen Seite der Bucht – Nachteil hier: über das Wasser gibt es nur einen Weg. Eine Brücke, eine sehr, sehr lange Brücke (zweieinhalb Kilometer). Und ALLE, das sind am Tag 81.000 Fahrzeuge (!) wollen über diese Brücke. Morgens alle in und abends aus der Arbeit. Das heißt: Mega Stau. Und Öffis gibts auch keine. Dafür sind die Mietpreise natürlich günstiger.
Matthias: „Ich habe gerade rausgefunden, dass diese Brücke sogar Maut kostet. Da zahlt man fürs Staufahren! Fünf Dollar wenn man alleine im Auto fährt und zwei Dollar fünzig wenn man car pool, also mindestens zu zweit, fährt. Lustigerweise aber nur wenn man NACH San Francisco Bay fährt, zurück kostet sie nix.“
„Wow, das is ja schräg“ antworte ich und beginne zu rechnen.
„Das hieße: Du müsstest mich morgens mit dem Auto in die Arbeit bringen wenn du tagsüber mobil sein möchtest, dann zahlen wir die zwei komma fünfzig. Und wenn du mich am Abend abholst bist du allein im Auto und zahlst dann die fünf Dollar…“
„…das heißt sieben Dollar fünfzig am Tag das sind ja dann im Monat…“ ich rechne fachmännisch, „ja das sind ja dann um die sechhundert Dollar im Monat!“ rufe ich ensetzt.
Matthias schaut mich verwirrt an. Ich lache. Ich kenne diesen Blick, der kommt immer wenn ich den totalen Unsinn erzähle.
„Sechhundert Dollar im Monat stimmt wohl nicht…“ frage ich grinsend.
Matthias lacht, „nicht ganz. Wie kommst du nur immer auf so irre Zahlen? Es sind nur…“ nun rechnet Matthias, „nur hundertfünfundsechzig Dollar – wenn man nur die Arbeitstage rechnet. Trotzdem, das zahlt sich nicht aus denn sooo viel billiger sind die Mietepreise dann auch nicht.“
Eine letzte Besichtigung…
Aber nun ist es an der Zeit loszufahren denn unser Besichtigungstermin in meiner Lieblingsortschaft Santa Clara wartet. In diese Wohnung haben wir die meiste Hoffnung, denn die Besichtigungstermine, die wir für morgen und übermorgen ausgemacht haben versprechen schon von den Bildern her nichts Gutes.
Hier in Santa Clara lassen die Bilder der Anzeige einen hübschen Pool in einer netten Anlage erwarten und das potentiell schöne Appartement kostet nur 1.800,-! Wir freuen uns schon. Aber als wir die Anlage sehen erahnen wir schon, dass diese Wohnung auch diesmal unseren Wünschen nicht entsprechen wird können. Der Pool ist ungepflegt und die Sitzgelegenheiten haben den amerikanischen Bürgerkrieg um 1861 nur schwer verletzt überlebt. Die Wohnung betreten wir – allerdings kurz, denn Geruch und Ungepflegtheit möchten uns nicht weilen lassen.
Wir gehen zurück zum Auto. Wir schauen einander an.
„Hatten wir nicht gesagt wir nehmen die teure Wohnung in Sunnyvale wenn die hier nix ist?“ fragt Matthias.
„Ja…“ antworte ich langgezogen.
„Und? Sollen wir?“ fragt er weiter.
„Hmmm…“ antworte ich unentschlossen, „Sollen wir?“
„Hmmm…“ ist sich auch Matthias nicht sicher. „Was, wenn wir alle Appartements die wir für die nächsten Tage noch auf der Liste zum Besichtigen haben anfahren und zumindest von außen anschauen? Oft ergibt sich ja dann eh schon, dass wir da nicht mehr wohnen wollen ohne die Wohnung gesehen zu haben…“
…ein paar letzte Besichtigungen…
„Super Idee!“ strahle ich Matthias an. So navigiert uns unsere american english sprechende Dame aus dem Handy nach Redwood City, Mountain View und Palo Alto mit dem Ergebnis: eine Wohnung schaut abgewrackter aus als die andere oder befindet sich zwar in wunderhübscher Lage aber kostet ebenso 2.000,- und hat weder Caltrain noch Geschäfte in Fußnähe so wie die in Sunnyvale.
So lassen wir uns nach Hause leiten. Bei einer Kreuzung sage ich zu Matthias: „Du, muss ich jetzt rechts oder links abbiegen? Diese Navigationstante labert immer dermaßen viel da schaltet mittendrin mein Hirn ab und ich kann nicht mehr zuhören…“
Vielleicht sollten wir uns in Zukunft von einem Mann navigieren lassen: ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein Wörterbuch…
Ich sehe im Augenwinkel wie Matthias seinen Mund zusammenkneift um nicht los zu prusten. Ich verstehe sofort und lachen, dass mir die Tränen aus den Augen spritzen und erfreut stimmt Matthias mit ein.
Zuhause angekommen schreiben wir unsere Bewerbung für das zweitausend Dollar Appartement in Sunnyvale. Nachdem wir sie abgeschickt hatten liefen mir die Tränen über die Backen.
„Oh, was ist denn Liebes?“ fragt Matthias besorgt.
Ich bin traurig…schnief…
Ich schniefe: „Ich weiß nicht ob ich diese Wohnung wirklich will…aber vielleicht…“, nun weine ich, „…vielleicht liegt es gar nicht an der Wohnung. Sondern Maggie hat mich gerade so lieb angeschaut und ich habe sie gestreichelt und mir wurde gerade bewusst, dass wir sie nicht mitnehmen können und dabei hat sie mir den Trennungsschmerz mit den Katzen so sehr erleichtert…“, dicke Tränen laufen über meine Backen, „…und in der neuen Wohnung sind dann gar keine Tiere…“, sage ich traurig. „Ich glaube ich habe Tiere doch einfach wirklich so gerne…“, ergänze ich und putze meine Nase. „Aber so ists halt jetzt und das ist derzeit unser neues Leben. Außerdem müssen wir mal schauen ob wir diese Wohnung überhaupt bekommen!“
Dann schreibe ich eine Einkaufsliste. Cat und Tom kommen heute Abend mit Baby Phoebe zurück aus Hawaii und ich möchte sie gerne mit einem Abendessen bewirten. Zur Vorspeise soll es Salat mit Fenchel und Orange geben, dann Lasagne und zur Nachspeise Brownies – das kann man gut vorbereiten und es wird nicht schlecht wenn das Flugzeug Verspätung hätte.
Wir haben eine Wohnung
Und plötzlich läutet das Telefon: unsere zukünftige Vermieterin ruft an: „Ich habe Ihre Bewerbung erhalten. Gerne möchte ich Sie als Mieter in unserer Anlage aufnehmen. Wann können Sie kommen das deposit zahlen?“
Nachdem man sich mittels application form beworben hat und als Mieter erwählt wird (entweder durch Reihung oder durch Sympathie) muss eine Kaution bezahlt werden die, wie bei uns auch, als Sicherheit dient falls man mal in der Stimmung wäre die Wohnung zu schrotten.
Ok, wenn wir das Deposit bezahlt haben gibt es kein zurück mehr.
„Mmmmmh wie wäre es mit, ääääääh….“. Ojemine müssen wir uns tatsächlich jetzt entscheiden?!? Wir versuchen noch ein wenig Zeit zu schinden: „wie wäre es morgen?“ fragen wir.
„Super“ die Antwort.
Wir schauen uns an. Wir haben ein Appartement. Freuen wir uns nun oder nicht? Wir wissen es noch nicht so genau. Aber noch ist ja nix unterschrieben. Wir durchforsten ein letztes Mal Craigslist ob wir was ganz Dolles verpasst haben. Und tatsächlich: eine neue Anzeige verspricht nur Gutes! Zwar gleicher Preis aber tolle Lage (noch eine Ortschaft näher zu Stanford), Holzboden (und nicht so ein beknackter Plüschteppich), eine richtige Küche die ausschaut als wäre sie von Dan (sonst sind es alles aus Spanplatten gezimmerte Schmuckstücke – außen lackiert und innen Spanplatte) und auch sie hat einen Pool und eine hübsche Anlage mit vielen Palmen. Wir vereinbaren einen Besichtigungstermin gleich morgen früh um neun Uhr. Und wenn DIE nix ist DANN nehmen wir Sunnyvale!!
Mit diesem Plan beginne ich zu kochen. Relativ schnell bekomme ich Nachricht von Cat, dass ihr Flugzeug zwei Stunden Verspätung hätte da irgend etwas daran kaputt sei und erst repariert werden müsste, das heißt sie werden nicht vor 21:30 Uhr kommen und wir sollen nicht mit dem Essen warten. Eigentlich möchten wir schon warten und gemeinsam Essen! Na mal sehen, aber mittlerweile kann ich bis elf schon ganz gut aufbleiben.
Um halb Acht erhalten wir Nachricht von den beiden: „Unglücklicherweise mussten wir wieder umkehren aufgrund technischer Probleme, wir sind sicher am Boden gelandet aber auf einer anderen Insel…“
Und keinerlei Auskunft von der Airline wann und wie es weitergeht…
Nun ist klar, dass die drei nicht vor Mitternacht heimkehren können und Matthias und ich essen nun doch alleine. Die Brownies schmecken…sagen wir mal interessant – habe ich möglicherweise höchstwahrscheinlich gesalzene Butter verwendet…und auch der Ofen heizt wohl besser als der daheim denn sie sind beinahe vetrocknet…
Während unseres Essens im Garten gibt es plötzlich einen Riesentumult! Alle drei Hunde stürzen zum Gartenzaun und springen aufgeregt an der Bretterwand hoch.
„Oh, eine Schlange klettert über den Zaun gerade in den Baum über uns“ der erstaunte Matthias.
Ich springe vom Tisch auf, haste ins Haus und sperre die Türe zu. Mein Herz rast und ich schaue entsetzt durch die Terrassentüre nach draußen. Hoffentlich überleben alle, denke ich. Aber die Türe möchte ich denoch nicht öffnen. Ich muss meinen Satz von vorhin korrigieren: Ich glaube ich habe Tiere doch einfach wirklich so gerne schließt kriechende, beinlose Reptilien aus!
Na toll. Bisher habe ich mich in diesem Land wohl und sicher gefühlt. Das ist hiermit nun vorbei! Es ist doch so gefährlich wie alles sagen! Man muss sowas von aufpassen in welcher Gegend man wohnt – es gibt einfach wirklich unsichere Ecken in diesem Staat! Kann ich nun bestätigen!
Es ist schon dunkel als wir noch eine Runde mit den Hunden drehen als ich fast vom nächsten Beinahe-Herzinfarkt dahingerafft werde. Seelenruhig stehe ich mit den beiden Chihuahuas an der Leine rum und sehe ihnen zu wie sie geschäftig auf der Wiese schnüffeln. Matthias sprintet derweilen mit der energiebeladenen Maggie über dieselbige. Auf einmal gibt es einen Knall! Meine beiden Hunde springen vor Schreck einen Meter hoch UND weit und ich gleich mit denn ich sehe, in der Dunkelheit nur schemenhaft erkennbar, etwas großes, längliches die Wiese entlangflitzen. Ich denke augenblicklich an die Schlange im Baum und leide an sofortiger Tachycardie (medizinisch für Herzrasen). Nur Maggie ist hellauf begeistert. Liebt sie doch Wasser und handelt es sich hierbei um eine gerade ihre Arbeit angetretene Sprenkelanlage…
Daheim finde ich eine Nachricht von Tom vor, dass es nicht sicher sei ob und wann der Flieger starten würde und sie sich daher nun ein Hotelzimmer nehmen werden und erst morgen heimkämen. Die Armen! Erst die Verspätung und dann der Flug in einer defekten Maschine mit Notlandung auf einer Insel und das ganze mit einem vier Monate alten Baby. Hoffentlich haben sie eine gute Nacht und kommen morgen gut heim!
…es wird spannend…ich halt alle Daumen…
Super, gratuliere zur Wohnung! Wann zieht ihr ein?
Sind Cat, Tom& Phoebe schon zurück? ?
Ich drück Euch die Daumen für die letzte Besichtigung!!
Eure Wohnungssuche liest sich spannender als ein Krimi. 🙂