Führerscheinprüfung

Montagmorgen. Fahren mit dem gerade neu gekauften Auto zur amerikanischen Kfz-Zulassungsstelle (DMV) um den Führerschein zu machen. Und natürlich um den Carsten, also unseren amerikanischen Traum von Freiheit dort anzumelden.
Die Schlange VOR dem Gebäude (denn es sperrt erst in fünf Minuten auf) ist schon über hundert Menschen lang. Fröstelnd reihen wir uns ein. Ja! Fröstelnd! Hier herbstelt es nämlich ganz schön! Die Temperaturen bewegen sich von 5°C in der Nacht bis 17°C tagsüber. Allerdings bei vermutlich mehr Sonnenschein als in Österreich. Aber es regnet auch. Und genauso wie in Österreich am liebsten am Samstag und Sonntag. Montag bis Freitag ist dann wieder blauer Himmel anzutreffen und IN der Sonne ist es sogar, trotz der 17°C, so warm, dass man es gut im T-Shirt aushält. Nur im Schatten hat man gerne dann doch eine Jacke an. Ja und hier beim DMV ist Schatten – eigentlich ist überall Schatten, die Sonne geht ja gerade erst auf…

DMV – Department of Motor Vehikels. Oder einfach: Beamtenbude.

In der Beamtenbude drinnen angekommen bekommen wir beide eine Nummer ausgehändigt und – warten weiter.
Und während wir so warten nutze ich die Zeit und erzähle ich euch ein bißchen was über den amerikanischen Führerschein:

Ist man Bewohner der USA braucht man einen amerikanischen Führerschein. Punkt. Matthias ist mit seinem J1 Visum ein Bewohner und somit hat sein rosa Lappen seine Gültigkeit verloren. Ich mit meinem Touristenvisum bin kein Bewohner und darf daher mit meiner österreichischen Lizenz fahren. ABER. Die Versicherung für das Auto ist mit einem ausländischen Führerschein um 40% teurer als mit einem amerikanischen weshalb auch ich nun meine Fahrerlaubnis veramerikanisieren möchte.
Es gilt erst eine theoretische, schriftliche Prüfung zu bestehen und dann darf man sich zur Fahrprüfung anmelden. Der Clou: Ich darf die ganze Zeit Autofahren, hab ja ’nen Führerschein. Aber zur Führerschein-Fahrprüfung selbst darf ich nicht fahren, da muss ich gefahren werden, schließlich darf man ohne Führerschein ja nicht fahren…
Für den Theorieteil haben wir schon im DMV-Führerscheinheft geblättert und uns mögliche Fragen angesehen – manche sind leicht zu beantworten da die gleiche Verkehrsregel gilt wie bei uns.
Die Straßenmarkierungen allerdings sind hier ganz anders. Darf man bei uns niemals über eine durchgezogene Linie fahren und schon gar nicht über eine doppelte, ist das hier kein Problem. Man darf nicht immer drüber, aber in manchen Fällen darf man, in anderen muss man, nur wenn ganze vier durchgezogene Linien die Straße schmücken sollte man das drüber brausen lieber sein lassen – will man kein Ticket erhalten.
Manche der Fragen sind auch saublöd. Zum Beispiel ist es mir völlig wurscht wieviel Strafe ein Siebzehnjähriger zahlen müsste wenn er alkoholisiert Autofahren würde oder wie hoch die Strafe in USD ist wenn man Müll aus dem Autofenster auf die Straße wirft. (Die Antwort ist übrigens: bis zu $ 1.000,- (!) UND man muss den Müll wieder aufheben. Die Strafe finde ich ja gut (auch wenn mir 1.000,- doch etwas hoch erscheint), nur, dass das eine Prüfungsfrage ist…)

Hah, ich werde aufgerufen. Endlich.

Behörden sind doch überall gleich…

„Hiii, hooow caaan I heeelp yooou…..“ gähnt mich flüsternd mein Beamter an. Ich weiß ja nicht ob es in Amerika Beamten gibt, aber WENN es sie gibt, dann ist sitzt gerade einer vor mir!

„Guten Morgen“ lächle ich ihn aufmunternd an, „ich möchte mich gerne für die Führerscheinprüfung anmelden.“

„Mmmmh.“ nuschelt er. „Unterlagen. Bitte.“

Unterlagen bedeutet: ein Idenitätsnachweis in Form eines Reisepasses. Nachweis eines gültigen Visums. Und ZWEI Dokumente die beweisen, dass ich hier wohne, also meinen Namen und meine Adresse tragen. In meinem Fall meine Bankunterlagen sowie der Mietvertrag.

„Mmmmh.“ nuschelt er. „Dann mach ich mal ’ne Kopie.“

Ticktackticktackticktack. Ich beobachte ihn beim kopieren. Es ist schlimmer als Schafe zählen. Nur mühsam kann ich mich am Schalter festhalten um nicht ins Land der Träume gerissen zu werden. Endlich, er ist fertig und schlurft zurück zu seinem Platz.

„A*so du m*ch*est g*rne d*n Füh*er***ein m*chen?“ flüstert er und ich muss mein Ohr über den Schalter strecken um seine Stimme überhaupt wahrzunehmen.

„Ob ich gerne den Führerschein machen möchte?“ frage ich ihn.

„Ja.“

„Ja, ich will.“ sage ich feierlich.

„Problem“ meint er.

Jetzt bin ich verwirrt.

„Problem, weil dein Visum ist ja nur noch bis Anfang Jänner gültig. Und um den Führerschein machen zu können muss das Visum noch zumindest sechzig Tage lang gültig sein.“

Hmmm. Blöd. „Das heißt ich kann mich jetzt nicht anmelden?“ frage ich ihn.

Er reicht mir einen Zettel – wenn ich irgendeinen Nachweis hätte von diesen Dingen die da auf dem Zettel stehen, dann könnte ich mich doch noch anmelden. Ich lese ihn durch. Aber habe ich nicht.

„Naja, ich habe mich bereits für eine Verlängerung meines Visums beworben – aber den Bescheid noch nicht erhalten.“

„Mmmmh, dann kannst du derzeit den Führerschein nicht machen.“

„Tja, na dann kann man nix machen.“

„Doch.“ flüstert er.

„Bitte?“ frage ich.

„Doch.“ flüstert er. „Du könntest den ABC-Führerschein machen.“

(Ich weiß nicht ob er wirklich ABC-Führerschein geflüstert hat. Mann du bist aber auch wirklich kaum zu verstehen, vor allem für einen nicht Nativspeaker!)

„Was ist ein ABC-Führerschein.“ frage ich.

„Damit kannst du nur in Kalifornien fahren. Aber sobald du die Visums-Unterlagen erhalten hast kannst du ihn auf den normalen Führerschein umschreiben.“

„Ja super, dann machen wir das so.“ freue ich mich.

„Dann benötige ich eine dieser Unterlagen.“ flüstert er und reicht mir erneut den Zettel von vorhin. Auf dem Zettel stehen Dinge wie: ob man ein Diplomat aus Brasilien, aus Argentinien, aus Chile oder aus sämtlichen anderen südamerikanischen Ländern sei. Nö, bin ich nicht. Oder: ob man eine amerikanische Geburtsurkunde hat. Nö. Oder eine amerikanische Staatsbürgerschaft. Nö. Oder sonstwie beweisen kann, dass man Amerikaner ist. NÖ! Oder ein J1 Visum hat. NÖÖÖ!

Ich gebe ihm den Zettel zurück und sage: „Nö.“

„Ja dann gehts nicht.“ flüstert mein Beamter.

„Hä??? Ich dachte für den ABC-Führerschein brauche ich diese Unterlagen nicht?“

„Richtig. Aber für den richtigen Führerschein schon.“

„Aber für den ABC-Führerschein nicht!“

„Nein, für den ABC-Führerschein nicht.“

„Na dann möchte ich bitte den ABC-Führerschein machen!“

„Ok.“ murmelt er und tippt auf seinem Computer rum. Nach einer Weile reicht er mir aufs Neue den Zettel von vorhin. „Bitte lies nochmal den Zettel durch ob du nicht doch irgendwelche Unterlagen hast – dann könntest du den normalen Führerschein machen.“

„Ich habe den Zettel schon zweimal gelesen und nein, ich habe keine der erforderlichen Unterlagen.“

„Lies es trotzdem nochmal.“

Ich merke wie mein Blut so langsam in Wallung gerät. Ich lese den Zettel und gebe ihn zurück. „Nein, ich habe keinerlei Unterlagen.“

„Ruf doch mal deinen Freund an, vielleicht hat ja der irgendeine dieser Unterlagen.“

„Mein Freund?“ ich bin verwirrt.

„Ja.“

„Wieso sollte mein Freund solche Unterlagen haben?“

„Ruf ihn einfach an und frag ihn.“ beharrt er.

„Ich brauche ihn nicht anzurufen denn erstens: wir stammen beide nicht aus Südamerika, zweitens: bin ich als Tourist hier, habe bereits um Visumsverlängerung angesucht und warte auf den Bescheid und drittens: hat mein Freund keine Unterlagen, da ich nicht auch habe.“ Ich bemühe mich wirklich freundlich zu bleiben, aber ich kann sehen wie der Rauch aus meinen Nüstern bläst.

„Also hast weder du noch dein Freund irgendeine dieser Unterlagen?“

„Richtig!“

„Ja, dann kannst du dich nicht für den Führerschein anmelden.“

Jetzt bin ich kurz vor der Explosion. Entweder vor mir sitzt ein Affe, oder mein englisch ist zu schlecht und ich verstehe offensichtlich nicht um was es hier geht. Also wiederhole ich nochmal das was ich verstanden habe:

„Um den normalen Führerschein zu machen brauche ich die Bestätigung, dass mein Visum verlängert wird, richtig?“

„Ja.“

„Aber es gibt die Möglichkeit in der Zwischenzeit den ABC-Führerschein zu machen weil man für den diese Bestätigung nicht braucht, richtig?“

„Ja.“

„GUT! DANN MÖCHTE ICH BITTESCHÖN DEN ABC-FÜHRERSCHEIN MACHEN!“

„Ok.“ flüstert mein Beamter immer noch gelangweilt und ruhig und betippt erneut seinen Computer.

Nun tritt Matthias auf. Seine Beamtin war eine fleissige Mitarbeiterin welche in der Zwischenzeit die Autoanmeldung sowie Matthias Anfrage auf seine Driver Licence bearbeitet hat.

Ich erkläre ihm die Situation.

„Ja das stimmt ja gar nicht! Das Visum muss nicht sechzig sonder nur dreißig Tage lang gültig sein.“ belehrt er mich.

„Ja dann stell halt du meinen Führerschein aus. Mein Beamtenaffe sagt nämlich, dass es sechzig Tage sein müssen. Und der hat den Scheiß-Stempel.“

„Excuse me, sir.“ beginnt nun Matthias das Gespräch mit dem Beamtenaffen und klärt ihn auf, dass ich mich sehr wohl für den Führerschein heute anmelden könnte.

Nun kommt eine weitere Beamtin hinzu und fragt ob sie helfen könne. Ich denke ich habe die durchschnittliche Bearbeitungsdauer gesprengt. Beide tippseln nun am Computer herum und ziehen schließlich eine dritte Beamtin zu rate. Ergebnis:

„Du kannst den theoretischen Führerschein machen und zwar jetzt gleich und den praktischen Teil erst wenn der Visumsantrag durch ist.“

Wie, jetzt gleich Prüfung machen?!? Matthias grinst:

„Wir haben drei Antritte, probieren wir es einfach heute.“

Gesagt getan. Ran an den Computer, Fragen beantwortet und – bestanden!

Daheim angekommen muss Matthias in die Arbeit und ich putze Carsten. Typisch Mann, keine Ahnung wann der das letzte Mal gebadet hat…

Und Abends überlegen wir was wir Thanksgiving unternehmen könnten (Donnerstag und Freitag haben alle frei) und beschließen mit dem Carsten einen Kurzurlaub zu machen.
Nur wohin… Davon beim nächsten Mal.

kiki

PS: Das Bild oben ist bei unserer Exkursion nach San Francisco entstanden…

 

 

2 Antworten auf „Führerscheinprüfung“

  1. Gratulation zur bestandenen Theorieprüfung! Immerhin – alle Vokabeln mehrfach wiederholt. Dein Englisch muss schon ganz super sein! Und das war doch kein Rauch der aus deinen Nüstern kam. Das war doch der warme Atem in der kalifornischen Morgenkälte! Und Hauptsache du durftest wieder weiterfahren. In einem richtigen Beamtenstaat hättest es stehen lassen müssen…
    Ach ja – tolles Foto! Wieder mal.

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