Der Trail beginnt am Parkplatz Old Pinnacles Trailhead Parking welchen man vom Osteingang des Pinnacles National Parks erreicht – Carsten ergattert um 10:15 Uhr den LETZTEN Parkplatz! Also, wer unabhängig sein möchte und einen Parkplatz möchte, und nicht mit dem Shuttlebus vom Visitor Center fahren möchte – nicht zu spät kommen.
Matthias und ich befüllen unsere Rucksäcke mit Wasser – es soll warm werden heute. Matthias schwirrt ein Schwarm Fliegen wie ein Heiligenschein um den Kopf, also machen wir, dass wir los kommen; und zwar über die Brücke des Chalone Creek. Gerne hätten wir uns am Blumenmeer links und rechts des Baches erfreut. Nur: es ist Juni, da gibt es weder Bach noch Blumen, dafür muss man schon früher aufstehen, nämlich im März/April.
Nach nur einer Stunde rinnt uns der Schweiß und die lästigen Fliegen schwirren aufsaug-geil um uns herum. Matthias flucht und übt sich im „sieben auf einen Streich“.
Ich bin mehr damit beschäftigt mit weit aufgerissenen Augen und Adrenalin im Blut ausschau nach Schlangen zu halten! Wenn ich eine Schlange wäre: hier würde ich leben wollen. Wenige Menschen, viele warme Steine zum sonnen, und auf dem sandigen Weg kriecht es sich bestimmt schön…
„Uaaaiooihhhhiiiiiaaaa“ quieke ich im Minutentakt auf – denn alle paar Meter kreuzt etwas Längliches den Weg. Die Erleichterung, dass es sich nur um einen Wegkreuzenden Eidechsenschwanz handelt währt nur kurz. Das nächste Mal könnte es ja eine Klapperschlange sein…
So viele Eidechsenschwänze rasen über den Trail – eine sogar über Kikis Fuß!
Mein Herz rast und meine Pupillen sind maximal geweitet. So kann das nicht weitergehen – rügt mich auch Matthias. Ja eh. Stimmt. Also meditiere ich:
Wenn uns heute eine Schlange begegnet, dann kann ich es nicht verhindern. Und die Angst macht mich nicht nur unfroh sondern auch noch, no na, ängstlich. Und eigentlich wäre ich lieber gerne froh und würde den Ausflug genießen wollen. Daher übe ich mich jetzt im Vertrauen, dass ich die eventuell erscheinende Schlange nur sehen muss und nicht auch noch gleich gebissen werde! Jawoll!
Und langsam beruhige ich mich und meine Gedanken reduzieren sich zu: Schön. Heiß. Durst. Schweiß. Heiß. Durst. Durst. Schön. Heiß. Steil. Heiß.
So vor 23 Millionen Jahren haben ein paar Vulkane und die San Andreas Verwerfung ein bisschen experimentiert und voilà:
das ist dabei rausgekommen:
Da, der erste Pinnacle!
Zeit um den Durst zu stillen und die Aussicht zu genießen.
Und dann weiter, schließlich liegen noch 14 Kilometer Marsch vor uns.
Die Landschaft verändert sich nun. Es wird ein weniger karger um uns herum und die Fernsicht weiter.
Aber die Fliegen bleiben beharrlich an unserer Seite. Wir haben aber ganz bestimmt geduscht – nicht, dass da ein falscher Eindruck entsteht! Aber auffällig ist: Matthias sieht eher aus wie ein Fliegen-Imker, richtig schwarz wuselt es um ihn herum während auf meinem Kopf nur ein paar der Lästwanzen landen. Und da habe ich mich daran erinnert, dass es bei Pferden auch immer so ist: auf den Dunklen landen immer viel mehr Insekten als auf den Hellen! Profi Matthias hat ein Wechsel-T-Shirt in weiß dabei und mutiert nun zum hellen Pferd. Und? Die Fliegen wurden instantan weniger…!
Und dann wandelt sich die Landschaft abermals und es wird richtig, richtig genial! Bizarre Felsformationen lauern links und rechts und überall.
So wandern wir den High Peaks Trail immer höher und höher hinauf bis wir nach 4,2 km an einer Weggabelung stehen. Nun kann man sich entscheiden nach rechts über den Tunnel Trail zu wandern oder links, weiter auf dem High Peaks Trail durch die „Steep and Narrow Section“ zu klettern. DAS machen wir! Und DAS sollte jeder machen. Es ist „steil“ und „eng“, aber großartig!
Das ist auch der höchste Punkt – und wir finden ein schattiges Plätzchen wo wir unser Lunch genießen können. Ja, Schatten war bisher mäßig vertreten. Diesen Trail im Hochsommer zu machen ist nicht empfehlenswert! Es hat heute 27°C, fühlt sich aber an wie 37°C. Und im Sommer hat es dann tatsächlich 37°C…
WOW!
Nun geht’s bergab. Und an der nächsten Kreuzung gibt’s sogar ein Klo. In den USA im freien pinkeln? Verboten! Das würde die Natur schädigen…
Nach der Erleichterung verlassen wir den High Peaks Trail und biegen an der Klo-Kreuzung rechts auf den Juniper Canyon Trail ab – schließlich wollen wir die Höhle besichtigen gehen!
Gemütlich geht es nun bergab bis zum Chaparral Trailhead Parking, dem westlichen Parkplatz auf der anderen Seite des National Parks. Und hier gibt es Trinkwasser. Himmel sei Dank! Wir füllen unsere Flaschen und wandern auf dem Balconies Trail Richtung Höhle.
Wieder gilt es eine kleine Brücke zu überqueren – diesmal schwimmt sogar Wasser im Creek. Und eine Schlange.
„Schlange.“ flüstere ich zu Matthias.
„Schlange.“ flüstere ich zu Matthias und bleibe stehen. Sie ist klein und schwarz-gelb längsgestreift. Ich fühle mich sicher auf der Brücke und übe mich im Schlangen beobachten. Klappt gut. Ein bisschen Herzklopfen – aber keine Tränen!
Hui, dann können wir ja weiter marschieren. Mehr oder weniger flach kann man hier in 1 km (vom Parkplatz gerechnet) die Balconies Höhle erreichen. Noch ein bisschen klettern, und dann sind wir drin, in der Höhle.
Und dann macht es schlupp und es ist finster. Aber Matthias, aka Indiana Ikeda, ist natürlich vorbereitet und hat zwei Taschenlampen eingesteckt. So finden wir unseren Weg durch die Höhle und erreichen nach 0,6 km die andere Seite. Wer kein Licht dabei hat oder nicht durch die Höhle möchte, der kann auch außen rum gehen. Ist aber natürlich dann auch nur der halbe Spaß.
Jetzt geht es für 2,1 km immer flach zurück zum Auto. Die ganze Tour ist 15 Kilometer lang, man überwindet 450 Höhenmeter – wir haben dafür 5,5 Stunden gebraucht: inklusive WOW-Stehenbleiben-und-genießen und Lunch.
„Oooooh oooooh!!!!!!“ stöhnt auf einmal Matthias auf. Genau in DEM Moment als wir über eine verdächtige schlängelnde Spur im Sand steigen. Ich mache einen Weitsprung: höher, schneller, weiter – vor allem weiter. Der Weltrekord liegt bei 7,52 Meter. Hab ich auch geschafft, aber OHNE Anlauf!
Matthias schüttelt den Kopf. „Was ist denn mit dir???“ fragt er.
„Na du sagtest oooooh oooooh!!!!!.“
„Ich wollte ja nur sagen, dass da vielleicht eine Schlange war, wegen der Spur.“
„Ja und ich dachte, du wolltest mir sagen, dass neben der Spur die Schlange hockt!!!“
„Sei doch nicht so empfindlich, ich habe dir doch nur was zeigen wollen.“
„Also wenn du oooooooh oooooooh!!!!!!! sagst, dann springe ich. Wenn du mir was zeigen willst, dann sag lieber sowas wie moi, schau mal wie interessant.“
Dann treffen wir auf andere Wanderer. „Na? Habt ihr auch die Klapperschlange da vorne gesehen? Die war ja richtig groß! Kam grad über den Weg gekrochen.“
Vorsichtig drehe ich mich um und starre auf die Spur im Sand. Ich bin froh, nur der Spur begegnet zu sein.
Dann stapfen wir weiter Richtung Carsten.
„Schlange.“ flüstere ich wieder und bleibe stehen. „Da. Da vorne liegt sie am Weg. Schwarz weiß geringelt.“ zeige ich mit dem Finger auf das Reptil, dass nur wenige Meter vor mir aalt.
Matthias drängt sich nach vorne, er möchte ein Foto machen.
Und ich? Ich stehe (!) nur wenige Meter weit weg und schaue zu! Herzklopfen, aber KEINE Träne!
Hab ich doch die letzten Jahre stark an meiner Angst gearbeitet. Ich hatte im Morphogenetischen Feld eine Schlange aufgesucht und – sie um Hilfe gebeten. 🙂
In meinen Gedanken unterhalte ich mich regelmäßig mit ihr und lege sie um meinen Hals, als so eine Art Amulett. Ich war mir nicht sicher ob diese Art „Therapie“ wirklich helfen würde. Aber offensichtlich hat es was gebracht.
Zuvor bin ich beim Anblick einer Schlange in Tränen ausgebrochen, habe unter Atemnot gelitten und musste laufen, laufen, laufen. Es waren richtige Panik-Attacken! Jeder, der da mal dabei wir wird das bestätigen können.
Und heute bin ich zweieinhalb Schlangen begegnet – unvorbereitet lagen sie vor mir auf dem Weg – und ich hatte NUR leichtes Herzklopfen. Wenn das kein Erfolg ist?!
Fazit: High Peaks Trail im Pinnacles National Park ist großartig! Total abwechslungsreich und mal ganz was anderes!
du mutige Kristina!
:-*