Leben

Heute ist Sonntag der 6. November. Geplant war, euch meine neuesten Fotos vom Fotografie-Workshop vorzustellen und von der großartigen Exkursion mitselbigem am Donnerstag nach San Francisco zu erzählen.

Aber dann fuhr ich Caltrain. Am Freitag. Im Schlepptau Huffy und Rucksack. Auch Matthias ist mit von der Partie. In Palo Alto angekommen verabschieden wir uns und Matthias fährt Richtung Arbeit und ich Richtung Zwillinge. Nach ein paar Metern kommt mir der Rucksack gar so leicht vor…so greife ich, schon Böses ahnend nach den Trägern und – fasse ins Nichts. Kein Rucksack. F***!

Der Caltrain, in welchem sich mein Ranzen nun sich selbst überlassen aufhält rattert an mir vorbei. F***! F***! F***!

„Matthias, Matthias, Matthias“ brüllen Huffy und Kiki im Chor

Huffy und ich versuchen nun wild und verzweifelt „Matthias, Matthias, Matthias“ brüllend Matthias mit Rocket einzuholen. Und siehe da! Was Adrenalin so alles bewerkstelligen kann. Huffy schafft das schier unmögliche und holt Rocket ein…

„Mein Rucksack! Mein Rucksack! Mein Rucksack ist immer noch im Caltrain!“ schluchze ich und eine dicke Träne kullert über meine Backe.

Matthias wird blass, aber bleibt ruhig. Er nimmt mich tröstend in den Arm und ruft dann mit seinem Handy beim Caltrain an. Ich kann ja nicht, meine BEIDEN, österreichisches UND amerikanisches, Handys sind ja im Rucksack.

„…und da kann man sonst nichts machen?“ fragt währenddessen Matthias ins Telefon.

Fragend schaue ich ihn an als er auflegt.

„Tja, man kann nur ein Online-Formular vom Lost and Found ausfüllen wo, wann und was man vergessen hat. Wenn der Schaffner in der Endstation das Vergessene findet und zum Lost and Found bringt wird man angerufen. Wird es davor von jemand anderem gefunden, tja, dann isses weg.“ erklärt er mir.

„Ja aber können die denn nicht im Zug anrufen? Ich weiß ja genau wo der Rucksack liegt!“ wimmere ich.

„Leider nein, das machen die aus Prinzip nicht. Entweder er schafft seinen Weg in die Endstation oder…“

Wir füllen das Formular aus und ich gebe an was alles im Rucksack war, bzw hoffentlich noch immer ist. Alles! Nur Laptop, Fotoapparat und Reisepass nicht. Sonst ist alles drin. Normalerweise nehme ich immer nur das Nötigste mit. Aber heute morgen war es stressig und ich habe einfach alles hineingeschmissen was ich eventuell so brauchen könnte. Ja und nu isses erstmal weg.

Aber jetzt muss ich zu den Zwillingen. Matthias sperrt indes alle Karten und Telefone und dann ist Geduld angesagt. Es dauert circa 48 Stunden bis das Vergessene im Lost und Found auftaucht. Allerdings wird nur an Werktagen gearbeitet. Und heute ist Freitag. Mist.

 

Alles was im Leben passiert hat einen Sinn. Nichts passiert ohne Grund…

Alles hat ja seinen Sinn, heißt es. Wo ist hier der Sinn versteckt…?

Ich gehe in mich.

Ich fühle mich furchtbar.

Ich bin unglücklich: wir drehen jeden Cent zweimal um bevor wir ihn ausgeben und nun sind Geld, Ausweise, Telefone, Wasserflasche, Jausenbox, Schlüssel, Jacke und jede Menge Kleinkram weg und müssen vielleicht ersetzt werden.

Plötzlich bemerke ich, dass da noch mehr ist als nur die Frustration über das verlorene „Geld“.

Ich bin wütend über mich, fühle mich als „Versager“, denn: eine Kiki darf keine Fehler machen! Da bin ich sehr streng! Und wenn dann doch einer passiert, dann hagelt es Vorwürfe!

 

Das Titelbild entstammt der Hausübung:
Take a self portrait that reveals something about you / Mache ein Selbstportait welches etwas über dich aussagt

Methode: Selbstauslöser.

 

So habe ich zum einen ein Foto von mir gemacht wie ich mich mag/was ich an mir mag:

001-self-portrait

Ich mag es wenn ich fröhlich bin und mag meine Grübchen wenn ich lache 🙂

 

Aber in mir lebt auch eine ernste und manchmal entmutigte Kiki. Gefangen im Gedankenkarussell, zerissen was richtig und was falsch ist, eine dicke Mauer auf ihrem Weg liegend, die es zu überwinden gilt…

Eine Kiki darf keine Fehler machen. Begeht sie dennoch einen darf sie nicht mehr unbeschwert und heiter sein sondern wird von mir ins Gefängnis geschickt: dort soll sie sich schämen, schuldig bekennen und bereuen.

003-self-portrait

„Leben“ – komponiert und gesungen von Kiki

 

Ich habe heute meinen Rucksack im Zug liegen gelassen. Das ist sehr ärgerlich. Punkt. Ich werde künftig achtsamer sein. Punkt.

Und nun geh hinaus in die Welt, die Sonne scheint – so lasse auch die Sonne aus deinem Herzen strahlen.

kiki

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