Wow. Ich weiß heute gar nicht wo und wie anfangen…vielleicht…mmmmh…vielleicht…oder vielleicht sogar ganz sicher…ja… ich bin mir sicher…also…los geht’s…
Ich beginne mit einem RIESENDANKESCHÖN an alle, die mich bei meinem Waschmaschinen-Projekt so tatkräftig unterstützt haben! 540.500 Costa Ricanische Scheine sind zusammengekommen!
H U R R A ! ! !
Samstagabend, 19. August.
„Ich habe eine Überraschung für euch!“ teile ich mis Padres mit.
„Was….? Eine Überraschung…???“
„JA! Morgen, nach der Kirche, in der Küche, so um halb zehn? Habt ihr Zeit und Lust?“
„Sí claro!!!“ jubeln sie. „Oje, jetzt kann ich die ganze Nacht nicht schlafen…ich bin ganz aufgeregt!“ jauchzt Madre Margarita beglückt.
Ui. Ich bin auch ganz aufgeregt. Hoffentlich gefällt ihnen die Idee überhaupt…jemand aus Österreich hat mir nämlich ein Ei (*) ins Ohr gesetzt, dass sich meine Familie vielleicht entwürdigt fühlen könnte weil ich Geld sammle…
(*) Meinetwegen…is ja gut…es heißt nicht ein Ei ins Ohr gesetzt zu bekommen. Sondern einen Floh. Jajaja… Aber es ist auch nicht GANZ falsch Ei zu sagen…schließlich können Flöhe auch Eier legen. Und wenn einem ein Floh ins Ohr gesetzt wird, vielleicht legt er dann vor lauter Schreck ein, oder von mir aus auch siebenunddreißig Eier? Und indirekt hat man DANN ja irgendwie ein Ei ins Ohr gesetzt bekommen…logisch?
Jedenfalls war meine Sorge unbegründet – die Freude ist riesengroß!
Wir sind alle ein wenig nervös ob der Kamera vor unserer Nase 😉 aber ich wollte unbedingt für euch den Moment festhalten!
PS: Es gibt Untertitel. Offensichtlich spielt das YouTube nicht von alleine ab (oder weiß jemand was ich falsch mache?). Also, bitte auf PLAY drücken. Dann sieht man rechts unten auf dem Video drei Symbole und den Schriftzug YouTube. Ein Klick auf das linkeste der Symbole (rechts unten) öffnet die Untertitel…
Nach „Drehschluss“ kullern noch ein paar Tränchen – und nicht nur aus Madres Äuglein, nein, auch Padre ist zutiefst gerührt!
Vorsichtig frage ich nach ob sie denn für das Geld wirklich eine neue Waschmaschine kaufen möchten – schließlich möchte ich die beiden nicht zwangsbeglücken sondern eine Freude machen! Und daher möchte ich ihnen die Entscheidung überlassen was ganz genau sie froh macht.
Aber ich kann den Satz gar nicht fertig aussprechen – Madre Margarita strahlt über beide Ohren und jubelt begeistert kund: „Ich will die neue Waschmaschine!!!“
„Wie schön!“ jubele auch ich. „Padre Memo, vielleicht magst du morgen mit mir nach San Isidro kommen? Ich fahre ja in den Urlaub nach Corcovado und muss in San Isidro in einen anderen Bus umsteigen. Dann könnten wir gemeinsam zur Bank gehen und ich gebe dir das Geld?“
San Isidro ist die nächstgelegene Stadt wo sich auch die nächstgelegene Bank sowie Supermärkte (und Waschmaschinenläden) befinden.
Margarita kann leider nicht mitkommen denn morgen ist Montag – und da muss sie ja arbeiten…
Margarita geht, trotz ihrer 65 Jahre, noch brav arbeiten. Sie ist die Köchin in San Gerardo’s Schule. Und so kocht sie Montag bis Freitag für die Schüler und wäscht im Anschluss (per Hand) das Geschirr sowie die Tische und den Boden…
„Mami, möchtest du morgen mitfahren nach San Isidro? Dann könntet ihr auch gleich gemeinsam die Waschmaschine kaufen…“ mischt sich nun Mirna, mi Hermana (meine Schwester) ein, „…ich kann morgen für dich in der Arbeit einspringen!“
Nun tanzt Margarita vor Begeisterung durch die Küche. Und ich mit ihr.
Wie schön!
Montag, 21. August
Um sieben Uhr morgens sitzen wir im Bus nach San Isidro. Padre Memo, Madre Margarita und ich. Heute wird die Waschmaschine gekauft!
Um kurz nach acht stehen wir vor der Bank. Ich schiebe meine Bankkarte in den Automaten und möchte 540.500 Colones abheben. Ja. Ätsch. Geht nicht. Der Automat brabbelt irgendwas in Spanisch daher. Ich versuche es erneut.
„Nö hab ich gesagt.“ lallt der Automat.
Ich schwitze. Und nicht nur weil es hier unten in der Stadt fünfzehn Grad mehr hat als am Berg gewohnt.
Ich winke mis Padres herbei. „Was sagt der Automat? Ich kann es nicht verstehen!“ Mis Padres lauschen andächtig – und verstehen es auch nicht. Also die Wörter schon, nicht aber die Banksprache und deren Bedeutung. Ein junger Mann gesellt sich zu uns und erklärt mir das Problem: „An diesem Automaten kann man maximal 50.000 Colones abheben. Wie viel brauchst du? 540.500? Na, dann musst du einfach elf mal abheben.“
Ja spinnen die eh? Ich muss ja jedes Mal eine Gebühr an die Bank zahlen wenn ich was abhebe. Und 50.000 Colones sind grad mal 72 Euro! Ich werde doch wohl mehr Geld abheben können als 72 Euro!!!
„Des is a Schaß“, sage ich „mia gengan zu an andern Kreditinstitut!“
Ich versuche, ohne die spanischen Worte Konto, Gebühr und Geld abheben zu kennen, zu erklären, dass ich jedesmal eine Gebühr entrichten muss wenn ich Geld von meinem Konto abhebe. Und es daher erheblich günstiger käme wenn ich es mit einem Schlag abheben kann. Schließlich hatte ich extra mit meiner Bank in Österreich telefoniert und geklärt, dass ich eine Einmalabhebung dieses Betrages in Costa Rica tätigen darf!
So begeben wir uns zu einer anderen Bank. Hier wird meine Bankkarte nicht akzeptiert. Hrmpf. Wir marschieren zu Bank Nummer drei. Nö, meine EC-Karte ist auch hier nicht erwünscht.
Ich schaue auf die Uhr. Es ist schon neun. Und um elf geht mein Bus nach Corcovado. Ich brauche ein Ticket – denn ist der Bus voll, dann kriegt man kein Ticket mehr. Also machen wir einen Abstecher zum Busbahnhof und ich kaufe meinen Fahrschein. Dann marschieren wir zur nächsten Bank.
Der Bankomat duldet meine Karte. Uff. Das ist ja schon mal ein Teilerfolg. Ich tippe meinen PIN ein und dann die Summe von 540.500. „Kommt nicht in Frage!“ lautet die prompte Antwort der Maschine.
„Nei-hein :-)“ feixt der Blödomat
Ich stoppe den gerade an mir vorbeikommenden Bank-Heini und erkläre ihm mein Problem. Besser gesagt: ich stammele es in wirren spanischen Wortfetzen. Ich denke er versteht, denn er nickt. Dann prasselt die Antwort auf mich ein: ganz, ganz viele spanische Wörter in ganz, ganz kurzer Zeit.
„Por favor, otra vez. Más, mááás despacio!“ – Bitte, der Herr, wenn er’s mir nochmal sagn könnt? Und vielleicht a bisserl langsamer, der Herr?
Er sagt es mir noch ein paar Mal und ich glaube doch tatsächlich er versucht mir zu sagen, dass mein Konto nicht gedeckt sei… Ich zücke mein Handy. Hab ja extra eine Bank-App die mir bescheinigt, dass ich sowohl genug Geld als auch die Erlaubnis es abzuheben habe! „Un momento!“ schnobere ich.
„Aus technischen Gründen blablalba versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“ schreibt die App.
„Kacke. Scheißkacke.“ fluche ich. Brauch die depperte App eh nicht. I geh einfach ins Internet und meld mi online an! Dann lächle ich beschwichtigend.
Blöderweise ist genau jetzt mein Telefonguthaben aufgebraucht. Ich reiße mich zusammen und zertrümmere NICHT mit meinem Telefon den Banko-Scheiß-Maten sondern gehe mit meinem Padres zu einem Shop um mein Guthaben aufzuladen. Internet geht trotzdem nicht. Ich kann also dem Bank-Heini nicht beweisen, dass es nicht an MEINER Bank liegt. Eh wurscht, ist ja ne Stadt, da gibt’s ja noch mehr als nur die vier Geldinstitute.
Bank Nummer fünf. Natürlich bekomme ich auch hier nicht die gewünschte Summe. Aber zumindest dürfte ich 100.000 Colones, das sind 145 Euro, abheben…
Hmmm…Idee: „Padres, wir könnten ja mal zum Waschmaschinen-Laden gehen und fragen ob wir mit meiner Kreditkarte zahlen können?“
Außerdem tickt die Zeit, äh, die Uhr!, die Uhr tickt. Es ist schon fast zehn, nur noch eine Stunde bis mein Bus geht. Na sooooo kompliziert hatte ich mir das nicht ausgerechnet. Vor allem: Ich HATTE hier ja schon mal Geld abgehoben. Nämlich 250 Euro. Und das war gar kein Problem.
Im Geschäft angekommen ist es schön kühl und ich kann mein Gepäck, dass ich ja die ganze Zeit mit mir rumschleppen muss, ablegen. Und die Dollarzeichen in den Augen des Verkäufers blinken mir zu ? Egal wie ich zahle, Hauptsache wir kaufen!
Und das Kaufen, das geht ruckizucki!
„Vielleicht die! Da drüben!“
„Ja! Die gefällt mir!“
3, 2, 1 – meins
Ich schiebe meine Kreditkarte über den Tresen und halte die Luft an. Die Dollarzeichen in unseres Verkäufers Augen blinken wohlwollend. Karte wurde akzeptiert. Pfuh. Zumindest die Waschmaschine ist in der Tasche.
Nun zurück zum 100.000 Colones Automaten. 300.000 Scheine brauche ich noch. Also dreimal abheben. Ich schiebe die Karte in den Schlitz. Gebe zum zighundertstenmal meinen PIN ein (eh gut, musste mir vor Costa Rica nämlich einen neuen zusenden lassen – nach einem Jahr nichtgebrauchens meiner österreichischen Bankkarte war der PIN nämlich vergessen…) und hebe 100.000 ab. Toll. Die Scheine flattern in meine geöffnete Hand.
Gleich auf ein neues! Wieder segeln 100.000 Banknoten aus dem Automaten.
Ich fange an mich zu entspannen. Ich tippe ein drittes Mal die bekannten Zahlen ein und: Nix. Kein Geld mehr. Heimlich trete ich ein bisschen gegen das Scheißding. Dann machen wir uns schwer, schwer seufzend zu einer anderen Bank auf. Aber auch hier wird mir jegliche weitere Auszahlung verweigert.
Ein Blick auf die Uhr sagt: ich muss zum Bus. Ich händige zumindest die erkämpften 200.000 aus (also, es handelt sich immer noch um Colones ;-)) und verspreche bei meiner Rückkehr nochmal die Banken abzuklappern und den restlichen Schotter mitzubringen.
Erschöpft und verschwitzt lasse ich mich in den Sitz meines Busses fallen und habe knapp fünf Stunden Zeit mich für meinen Urlaub in Corcovado zu entspannen…
Fünf Tage später bin ich zurück in San Gerardo und darf meine dreckige Wäsche in der neuen Waschmaschine waschen. WIE super!
Und auch darf ich die restlichen 100.000 aushändigen, die mir der Bankomat anstandslos überreicht hat. Ich ernte dafür nochmal eine Umarmung und ein paar Tränchen.
Alles in allem: HAPPY END!
PS: Im Video wird mir von mis Padres erzählt, dass ich eine Familie in Costa Rica hätte und jederzeit willkommen bin und jederzeit bei ihnen wohnen kann – und das natürlich kostenfrei. Wer meint, das wäre nur wegen dieser Aktion, der täuscht sich. Meine Familie hatte diese Einladung schon viel früher, als sie noch nichts von ihrem Glück wussten, ausgesprochen… Das freut mich sehr, denn somit weiß ich, dass es echt ist und nicht erkauft…
PPS: Nachtrag am 08. September 2017
Habe heute eine WhatsApp Nachricht und ein Foto von Madre Margarita erhalten: das neue Fenster ist eingebaut!
Vorher – eine simple Bretterwand
Nachher – ‚Luciendo mi linda ventana‚ O-Ton Margarita (‚mein wunderschönes Fenster schaut toll aus‘)
Ich hab gleich ein bisschen mitgeweint mit meiner neuen „Kollegin“. Wusste bis jetzt gar nicht, dass Mütter auch Kolleginnen werden können. Jetzt hab ich schon zwei! Und du hast drei – nein nicht Kolleginnen, aber Mütter!
Oh wie bin ich reich beschenkt worden… jetzt hab ich liebe Eltern in Deutschland, liebe Padres in Costa Rica UND so liebe Ersatzeltern in Österreich! Und so schön, das meine echte Mama nicht eifersüchtig ist sondern sich so mit mir freut <3
Sei herzlich umarmt du liebes Kind!
?
Was für eine wunderschöne Geschichte! Macht mich ganz glücklich ?
ooooooh ❣️ MICH macht die Geschichte auch so glücklich – und ich freu mich so, dass sich so viele Menschen mit mir und mis padres mit freuen!
Hi Kristina,
ich fand es jetzt schön Dich noch mal zu sehen.
Alles Liebe,
Dirk